75% – Hürde wieder verpasst!

Presseinformation Initiative Siedlung Berne vom 27.4.2016

Vorstand und Aufsichtsrat der Gartenstadt Hamburg eG hatten am 21.04.16 zu einer außerordentlichen Vertreterversammlung in das Volkshaus Berne eingeladen. Hier sollten ihre bereits getroffenen Entscheidungen zum Abriss der Siedlungshäuser zwischen Berner Heerweg und Meiendorfer Stieg durch ein „Votum“ der Vertreter gestützt werden. Schon vor einigen Jahren hatte die Führung der Genossenschaft versucht, den Abriss nur der Hälfte des Hauses im Berner Heerweg 476 von der Vertreterversammlung genehmigen zu lassen. Auch damals wurde die gesetzte Hürde von 75% der Zustimmung nicht erreicht.

Mit nur 44 Ja-Stimmen zu 20 Nein-Stimmen verfehlte der Antrag von Vorstand und Aufsichtsrat erneut die 75%ige Zustimmung in der Vertreterversammlung. Die 75%ige-Mehrheit ist satzungsgemäß nötig, wenn wesentliche Veränderungen angestrebt werden. Vorstand und Aufsichtsrat strebten im Gegensatz zu vor 4 Jahren aber nur noch eine einfache Mehrheit an. Der Vorstand fühlt sich allein dadurch in seinem Vorhaben gestärkt und beginnt nun mit den ersten Planungen für Abriss und Neubebauungen auf der Siedlungsfläche.

Abriss-Planer und die Abriss-Gegner streiten jedoch weiter über den Begriff „wesentlich“. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Gartenstadt Hamburg eG hatte diesen Begriff zum Schutz der Siedlungshäuser in die Satzung aufgenommen und damit „vom Wesen her“ jede Veränderung insbesondere architektonischer und städtebaulicher Art gemeint. Ein Abriss wäre dabei die wohl größtmögliche architektonische Veränderung eines Siedlungshauses. Der heutige Vorstandsvorsitzende legt diesen Begriff jedoch – im Wissen der Intention seines Vorgängers – lediglich quantitativ aus und stellt die 34 Wohneinheiten (WE) der Insel gegen den Rest der Siedlung. Das Abrissvorhaben mehrerer WE auf der Dreiecksfläche ist nach Auffassung der Initiative-Siedung-Berne.de in jedem Fall eine wesentliche Veränderung der Berner Siedlung und deshalb benötigt der Vorstand die Zustimmung der Vertreterversammlung mit 75%iger Mehrheit (§ 35.1.s) und 36.2.f) der Satzung).

Vertreter vertraten auf der außerordentlichen Vertreterversammlung die Meinung, dass Nicht-Behebung von Mängeln zu dem heutigen Zustand der Insel-Häuser geführt hat – die gesetzliche Verpflichtung zur Instandhaltung des Nutzungsgegenstandes sei über Jahre vernachlässigt worden, so z.B. im Haus Berner Heerweg 476, wo 2010 bei der Begehung Wasser im Keller gestanden hatte und offener Stahl nicht behandelt worden. Trotzdem steht das Haus noch heute und wird in der anderen Hälfte sogar noch bewohnt.

Die Art und Weise, in der Vorstand und Aufsichtsrat ihre Pläne zur Dreiecksfläche zur Abstimmung brachten, betrachtet die Initiative-Siedlung-Berne.de als zumindest zweifelhaft. Hier wurde über eine Veränderung der Siedlung Berne abgestimmt, die laut Satzung mit 75%iger Mehrheit hätte abgestimmt werden müssen. Bei nicht-wesentlichen Veränderungen kann der geschäftsführende Vorstand ohne Rücksprache mit der Vertreterversammlung entscheiden. Dies gilt nicht für den Abriss von Teilen eines Hauses und in gar keinem Fall für mehrere Siedlungshäuser eines vollständig erhaltenen Ensembles.

Erst Anfang des Jahres sollte ein Siedlungshaus im denkmalgeschützen Bereich abgerissen werden. Ohne Abstimmung – da nach Auffassung von VS und AR nicht „wesentlich“.  Es kam in diesem Fall nur deshalb nicht zum Aufschrei in der Siedlung, weil das Denkmalschutzamt 10 Jahre lang jährlich € 760 zum Erhalt des Hauses dazu gibt. Dies war der Betrag, zu dem der Erhalt des Gebäudes rechnerisch unwirtschaftlich gewesen sein soll. Warum also diese Votum zur Dreiecksfläche? Hier wurde ein Beteiligungsmodell für die Genossen und Vertreter vorgegaukelt, das die Satzung gar nicht vorsieht und das keinerlei Verbindlichkeit hat. Scheindemokratie in Genossenschaften. War das eine der berüchtigten „Mitmachfallen“?

Die Initiative Siedlung Berne sieht den Erhalt der Gartenstadtsiedlung weiter als gefährdet an. Ein Hamburger Denkmalschutzgesetz, das den Abriss denkmalgeschützter Gebäude zulässt, eine Denkmalschutzbehörde, die vertraglich der Gartenstadt Hamburg den Abriss unwirtschaftlicher Gebäude innerhalb des Ensembles der Siedlung Berne zusichert und einen Teil der Siedlung gar nicht erst in den Denkmalschutz aufnimmt, und eine Genossenschaft, die eher den Wohnungsbauvorhaben der Stadt Hamburg denn ihren eigenen Genossen verpflichtet zu sein scheint, lassen uns sorgenvoll in die Zukunft blicken

 Initiative Siedlung Berne

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