„Siedlung Berne – Erhalt durch Entwicklung“

Zur Veranstaltung der Gartenstadt Hamburg e.G. am 20.2.13

Vorstand und Aufsichtsrat informierten:

  • Der Denkmalschutz kommt, aber der Bereich zwischen Berner Heerweg und Meiendorfer Stieg (die sogenannte „Insel“) wird davon ausgenommen (6% der Siedlung)
  • Das Gebiet gilt als „Entwicklungsfläche“, Entmietung und Abfindungszahlung werden vorbereitet, Vererbbarkeit des Wohnrechts aufgehoben
  • Die Siedlungshäuser werden nach wie vor nachfragt
  • Die Wirtschaftseinheit Siedlung Berne arbeitet profitabel:
    Über  2 Mio. Euro Einnahmen pro Jahr durch Nutzungsgebühren, abzüglich Verwaltung (250.000) und Instandhaltungskosten (800.000),
    bleiben ca. 1 Mio. Euro Gewinn pro Jahr
  • ca. 1 Mio. Euro fließen jedes Jahr aus der Siedlung ab
  • ein neues Vermietungskonzept soll eingeführt werden: die Genossenschaft baut Küche, Bad und Heizung ein, dafür steigt die Miete (mit Nutzungsgebühr hat das nichts mehr zu tun) auf ca. 8 Euro /qm
  • die Betroffenen werden auch weiterhin an diesen Entscheidungen nicht beteiligt, es sei denn, sie sind Mitglied eines der Gremien der Gartenstadt

Wir stellen fest:

  • Instandhaltung und schrittweise Sanierung ist mit dem Geld allein aus der Siedlung möglich
  • wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht vor
  • Aufgabe der „Dach- und Fachvermietung“ verdoppelt die Grundmieten und schafft die Möglichkeit der Eigenleistung ab
  • weitere Mieterhöhungen sind zu erwarten (Anpassungen an den Mietenspiegel, starke Nachfrage, Berücksichtigung des Wohnwerts: Garten, Ruhige Lage usw.)
  • wesentliche Veränderungen müssen von den Bewohnern der Siedlung, interessierten Mitgliedern und Betroffenen mitentwickelt und getragen werden

Fazit:

„Erhalt durch Entwicklung“ heißt

1. Abriss der Siedlungshäuser auf der Insel
2. Abkehr vom Prinzip des „Dach und Fach“ – das heißt höhere Mieten, Orientierung am freien Wohnungsmarkt statt am genossenschaftlichen Auftrag
3. Nachverdichtung des Ensembles (Denkmalverträglich),
siehe Zusatzantrag der SPD zum neuen Denkmalschutzgesetz (von Kultur- und Stadtplanungsausschuss  am 26.2.13 angenommen):

„3. In Artikel 1 Denkmalschutzgesetz § 7 Absatz 7 wird folgender Satz angefügt: „Dabei besteht insbesondere die Möglichkeit, Ensembles baulich zu verdichten, wenn hierfür eine denkmalverträgliche Planung vorliegt.
Begründung
… Der Gesetzgeber macht damit über den Wortlaut der Norm hinaus deutlich, dass zur Erreichung der Wohnungsbauziele der Stadt Neubauvorhaben und Nachverdichtungen in hierfür geeigneten Ensembles ausdrücklich erwünscht sind und ermöglicht werden sollen. Im Rahmen der Denkmalverträglichkeit ist insbesondere sicherzustellen, dass Neubauvorhaben zeitgemäßen Ansprüchen genügen dürfen, sie sich aber in das vorhandene Ensemble in geeigneter Weise einfügen müssen…“

Redaktion Initiative-Siedlung-Berne

SPD will Gesetz zum Denkmalschutz ändern – Gebäudeensembles sollen verdichtet werden können

Hamburger Abendblatt vom 25.2.13:

„Mit einem Begleitantrag wollen Kultur- und Stadtentwicklungsexperten der SPD-Bürgerschaftsfraktion das neue Denkmalschutzgesetz ergänzen und abmildern. Wohnungswirtschaft und Grundeigentümer hatten das darin enthaltene „ipsa lege“- Prinzip, das künftig auch erkannte Denkmäler unter Schutz stellt, kritisiert.“
(…)
„Zu den wichtigsten der 13 Punkte gehört, dass künftig bei Entscheidungen zum Denkmalschutz die Aspekte Wohnungsneubau, Klimaschutz/Energiesparen und Barrierefreiheit einbezogen werden sollen. Auch soll es möglich sein, Gebäudeensemble denkmalverträglich zu verdichten.

Zum Artikel im Hamburger Abendblatt (Abruf evtl. kostenpflichtig)

Aus dem Petitum der SPD-Abgeordneten im Kultur- und Stadtentwicklungsausschuss:

„In Artikel 1 Denkmalschutzgesetz § 7 Absatz 7 wird folgender Satz angefügt:
„Dabei besteht insbesondere die Möglichkeit, Ensembles baulich zu verdichten, wenn hierfür eine denkmalverträgliche Planung vorliegt.“ 
Begründung
Mit diesem Zusatz wird klargestellt, dass die Verordnungsermächtigung auch dazu dient, dass die durch Rechtsverordnung erlassenen näheren Vorschriften über die Erhaltung von Bau- und Gartendenkmälern sowie Ensembles unter Beachtung des Abwägungsgebotes nach § 9 Absatz 2 auch die bauliche Verdichtung von denkmalgeschützten Ensembles zur Schaffung von Wohnraum zum Inhalt haben können.
Der Gesetzgeber macht damit über den Wortlaut der Norm hinaus deutlich, dass zur Erreichung der Wohnungsbauziele der Stadt Neubauvorhaben und Nachverdichtungen in hierfür geeigneten Ensembles ausdrücklich erwünscht sind und ermöglicht werden sollen. Im Rahmen der Denkmalverträglichkeit ist insbesondere sicherzustellen, dass Neubauvorhaben zeitgemäßen Ansprüchen genügen dürfen, sie sich aber in das vorhandene Ensemble in geeigneter Weise einfügen müssen.“ (…)

Download des Petitums als PDF (wichtige Abschnitte von der Redaktion hervorgehoben)

„Arme, gebeutelte Gartenstadt…“ Oder: wie kann ich mit allen Mitteln eine Unterschutzstellung der Siedlung Berne verhindern?

Olaf Scholz hatte es in seinem Wahlprogramm versprochen, der Senat hat im Oktober 2012 das von Denkmalschützern schon lange geforderte Ipsa-lege-Gesetz beschlossen. Danach sollen künftig alle bereits als schützenswert anerkannten Denkmäler in Hamburg ohne bürokratische Verzögerung unter Schutz gestellt werden – wie in den meisten Bundesländern üblich. Die in Hamburg gültige Unterscheidung in geschützte und erkannte Denkmäler würde dann entfallen. Am 26.2.2013 wird der Senat zu dem Thema befragt, die Bürgerschaft entscheidet über das neue Gesetz Ende März.

Am 31.1.2013 wurden in einer öffentlichen Anhörung im Rathaus 13 Experten zu der Gesetzesnovelle befragt (siehe Einladung zur Anhörung als PDF und Artikel vom 1.2.2013 in der TAZ „Feuerprobe fürs Gesetz“). Kulturausschuss und Stadtentwicklungsausschuss hatten gemeinsam geladen.

An der Denkmalfrage zeigt sich die gegensätzliche Interessenlage von Kultur und Stadtentwicklung, und so auch in den Beiträgen der Referenten.
Neben Kultursachverständigen und Denkmalschützern waren eingeladen z.B. Dr. Peter Hitpaß vom VNW (Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, in dem die Gartenstadt Mitglied ist), sowie Dr. Geerd Dahms, Sachverständiger für Beurteilung der Denkmalwürdigkeit von Gebäuden (der für die Gartenstadt 2010 das Gutachten zur Teilunterschutzstellung von ca. 35 % der Siedlung erarbeitet hat).

Und so kommt es, dass bei der Anhörung  im Rathaus immer wieder die Gartenstadt Siedlung Berne als Argument gegen das Denkmalschutzgesetz herangezogen wurde. Herr Hitpaß vom VNW argumentiert mit der Überforderung der  Wohnungswirtschaft – die Verpflichtung des VNW, 1900 Wohnungen im Jahr zu bauen, und der Denkmalschutz für Ensembles (z.B. Siedlung Berne) seien nicht vereinbar.  Der Eingriff in die Grundrechte des Eigentümers (hier: Gartenstadt), Flexibilität zur Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse (?), und wirtschaftliche Gründe sprechen gegen das Denkmalschutzgesetz, genauer: gegen die Unterschutzstellung von Ensembles.

Im Interwiew mit dem NDR 90.3 (1.2.2013) bringt er diese Ambition auf den Punkt:
In der Gartenstadt Berne etwa mit 540 Wohnungen könnte die Genossenschaft eine Sanierung nicht mehr zahlen.“
Ob diese Äußerung von Herrn Hitpass stammt, oder direkt von Herrn Witt, der auch anwesend war an dem Abend, wird in dem Beitrag nicht deutlich.
Herr Dahms, (der in seinem Gutachten ca. 35 % Unterschutzstellung der Siedlung für völlig ausreichend hielt), hat anschaulich beschrieben, wie „gebeutelt“ (Zitat) die Gartenstadt mit ihrem großen Ensemble sei. Er sei froh gewesen, bei der Hausbegehung des Berner Heerweg 476 die Haushälfte lebend wieder verlassen zu haben… (Ein Doppelhaus, dessen andere Haushälfte wohlgemerkt bis jetzt bewohnt ist!)
Plakativer lässt sich die Intention, und deutlicher lässt sich die Allianz zwischen Wohnungswirtschaftlobby, Parteiinteresse und Genossenschaft kaum mehr darstellen.

Mit keinem Wort erwähnt wird:

  • Es gibt kein Gutachten zum Zustand der Bausubstanz und dem Aufwand zur fachgerechten Sanierung des Hauses Berner Heerweg 476
  • Die Tatsache, dass die andere Haushälfte vom Berner Heerweg 476 nach wie vor bewohnt ist, und dort noch nicht mal Untersuchungen der Bausubstanz stattgefunden haben, (um „den derzeitigen Nutzer nicht zu belästigen“)
  • Die Ursachen für den Instandhaltungsstau
  • Die Unterscheidung von allgemeinem Sanierungsbedarf einerseits und angeblichen Mehrkosten durch den Denkmalschutz andererseits
  • Das Siedlungsprinzip mit Nutzung von „Dach und Fach“ und der hohen Eigenleistung der Nutzer
  • Der Gewinnerwirtschaftung durch die Siedlung

Dass die Genossenschaft schon lange alles Mögliche unternimmt, um eine Unterschutzstellung der Siedlung zu verhindern, ist bekannt  – „kommuniziert“ z.B. durch die Veranstaltung mit Herrn Klier, SPD, und die Publikationen  von Herrn Pochnicht (SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und Aufsichtsrat der Gartenstadt Hamburg e.G.) im Berner Boten.
Bisher wurde diese Politik vor allem mit der Fürsorge für die Nutzer begründet (Freiraum bei baulichen Veränderungen, Vermeidung von Mehrkosten durch Denkmalauflagen).

Inzwischen ist deutlich, dass es dem Vorstand unserer Genossenschaft vielmehr um seine „Gestaltungsfreiheit“  (Zitat) geht, sprich: Vermeidung z.T. notwendiger, teurer Instandhaltungsmaßnahmen, und mittelfristig Neubebauung und Verdichtung der großzügigen Grundstücke, zumindest in Abschnitten.
Die Genossenschaft hat definierte Ziele – konform mit den Interessen der Wohnungswirtschaft, den Dachverbänden, und die SPD freut`s.

Und nunmehr auf der anderen Seite der Genossenschaft stehen die Bewohner der Siedlung, die mit viel Liebe, Überzeugung und Geld den Erhalt und die Pflege der Häuser betreiben, die zum wirtschaftlichen Wohlergehen der Genossenschaft erheblich beigetragen haben, da sie sehr hohe Eigenleistungen erbringen, die jetzt auf dringend überfällige Instandhaltungskonzepte warten, die sich wundern über mehr als zweifelhaft ausgeführte Mängelbeseitigungen, über fehlende Bereitschaft zur Transparenz seitens des Vorstandes der Genossenschaft, und über das scheinbar gleichgültige Inkaufnehmen des fortschreitenden Vertrauensverlustes seitens der Nutzer.

Wir halten die Gartenstadtidee für erhaltenswert und schutzwürdig,

wir denken nicht egoistisch, weil wir nämlich dieses Konzept (der günstigen Nutzungsgebühr gegen hohe Eigenleistung) auch den nachfolgenden Generationen erhalten möchten.
Wir halten das Wohnen im Grünen mit viel Natur und der Möglichkeit zur Selbstversorgung für modern und zukunftweisend.
Und wir wollen einen Genossenschaftsvorstand, der sich zu der Verantwortung für den Ursprung der Gartenstadt Hamburg bekennt: in Form der genossenschaftlichen Solidarität und  Fairness, und der erhaltenswürdigen Gartenstadtidee.

Initiative Siedlung Berne