Fragen ohne Antwort – Teil 2

Anlässlich vieler Fragen besorgter Bewohner und Mitglieder zur Zukunft der „Insel“ (gemeint ist der Bereich der Siedlung zwischen Berner Heerweg und Meiendorfer Stieg)  hat der Vorstand ein Informationsschreiben an die Vertreter geschickt. In diesem Schreiben wird auf die derzeitige Erarbeitung eines Konzeptes verwiesen, welches  im Frühjahr vorgestellt und weiterentwickelt werden solle.

Mit dieser Konzepterarbeitung seien – so wörtlich –  „…Vorstand und Aufsichtsrat befasst – unter Einbeziehung der unterschiedlichen Informationen und Meinungen aus dem Kreis der Bewohner, Mitglieder und Vertreter….

Die Fragen, die sich uns durch diese Aussage aufdrängen, haben wir in einem offenen Brief an den Vorstand, Aufsichtsrat und die Vertreter von 1, sowie auf unserer Homepage gestellt:

15.11.12

Sehr geehrter Herr Witt, sehr geehrte Damen und Herren,

anlässlich des Schreibens des Vorstands an die Vertreter von Anfang November, sowie  anlässlich der Aussprache von Bewohnern, Mitgliedern, Vertretern und Herrn Witt am 9.11.12 ergeben sich uns folgende dringende Fragen an Sie alle:

  1. An was für einem Konzept arbeiten Vorstand und Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Siedlung Berne?
    Um welches Gebiet der Siedlung handelt es sich?
    Um welche Themenbereiche?
  2. Wie sollen die Bewohner und Mitglieder der Siedlung beteiligt werden?
    Über welche Beteiligungsformate?
    Welche bzw. wessen von Ihnen erwähnten „Meinungen und Informationen aus dem Kreis der Bewohner und Mitglieder werden berücksichtigt“?
    Welche Funktion kommt dem Aufsichtsrat bei der Konzepterarbeitung zu?
  3. Welche Grundlagen dienen der oben beschriebenen Konzepterarbeitung?
    Welche Berechnungen, welche Zielvorstellungen? Welche Zeitvorstellung?
    Was ist konkret mit: „Erhalt der Siedlung ja, aber nicht um jeden Preis“ gemeint?
  4. In welcher Form und aus welchen Bereichen werden Fachleute hinzugezogen?
  5. Ist der Auftrag aus der Vertreterversammlung an den Vorstand bzgl. BHW 476 damit hinfällig?
  6. Gibt es weitere konkrete Planungen, Einbauten in Siedlungshäusern vorzunehmen und damit  das Prinzip der „vermieteten Außenhülle“ zu verlassen? (Bsp. Dachdämmung  Moschlauerkamp, Einblasdämmung  bei  leerstehenden Häusern)
    Wo ist nachzulesen, wofür die Genossenschaft und wofür die Nutzer zuständig sind in Bezug auf die Siedlungshäuser?

Wir bitten alle dringend, diese Fragen zeitnah zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,
für die  Initiative Siedlung Berne

S. Dammann,  A. Dingkuhn,  K. Richter,  A. Wilde ,
H. Windscheidt

Wir fragen uns: wer entscheidet hier, was heißt überhaupt „Einbeziehung von Meinungen aus dem Kreis der Bewohner etc.“, an was für einem Konzept wird gearbeitet – für das „Abrisshaus“, für die Insel, für die gesamte Siedlung?
Welche „Sachlage“ wird überhaupt zu Grunde gelegt?
Und vor allem: wie sollen die Bewohner und Mitglieder beteiligt werden?
Es sind  Fragen nach Transparenz und systematische Beteiligung. Deren Klärung muss der Konzepterarbeitung vorausgehen.

Vorstand und Aufsichtsrat haben geantwortet.
Die Antwort auf unsere Fragen war ablehnend – Vorstand und Aufsichtsrat sind der Meinung, dass es ausreicht, die Informationsveranstaltung im Februar abzuwarten. Die Beantwortung unserer Fragen sei „zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder angezeigt und zielführend“.

Das macht uns deutlich:

  • Ernstgemeinte, engagierte Fragen werden nicht ernst genommen, sondern bei Belieben pauschal abgewehrt.
  • Die Geste ist von oben herab, das Selbstverständnis offenbar eines, das die Gremien von oben nach unten, und nicht von der Basis aus nach oben versteht = top down statt bottom up.
  • Die Formulierung „nicht zielführend“ in der Antwort ist entlarvend, da sie vermuten lässt, dass es ein erklärtes Ziel gibt – das nicht veröffentlicht werden soll. Dabei ist es genau diese Vorentscheidung (Zielorientierung), die Vorstand und Aufsichtsrat festsetzten, an der die Mitglieder nicht beteiligt werden. Deshalb stellen wir öffentlich Fragen.
  • Auch inhaltlich ist die Antwort nicht akzeptabel, da sie pauschal ist. Z.B. unsere Frage Nr. 6: Zuständigkeiten bei der Instandhaltung der Siedlungshäuser – diese Frage ist grundlegend für die Verantwortung und den Erhalt der Siedlungshäuser, und sie ist unabhängig von einer „Konzepterarbeitung“, und auch darauf wird nicht eingegangen.
    Dazu passt das Verhalten vieler Vertreter:
    Auf den direkten Aufruf der Bewohner/Mitglieder aus der „Insel“, sich um sie zu „kümmern“, haben genau 3 von 18 Vertretern sich überhaupt zurückgemeldet.
    Der (extrem kurzfristigen) Einladung des Vorstandes zum Gespräch dagegen sind alle 18 Vertreter sofort nachgekommen.

Die Folge eines solchen Umgangs mit uns Mitgliedern ist:

  • Das Vertrauen in eine wirklich faire, ergebnisoffene „Konzepterarbeitung“ für die Siedlung ist im Moment nicht sehr groß.
  • Der Umgang mit uns Mitgliedern, der sich hier zeigt, ist herablassend und willkürlich. Er offenbart, wie weit die Leitungsebene von der ursprünglichen Basisverbundenheit entfernt ist. Das traditionelle, familiär-nachbarschaftliche Vertrauen in die Geschäftsleitung wird hier Lügen gestraft.
  • Wir vermissen nach wie vor zeitgemäße und von der SPD vielfach geforderte:  Mitbestimmung, frühzeitige Beteiligung und Transparenz.

Zum Vergleich – so sehen sich die Genossenschaft selbst:

„Zukunft-Gemeinschaft-Sicherheit- Service

Solidarität, Demokratie und soziales Denken – bei einer Genossenschaft sind diese Werte unmittelbar miteinander verbunden. Die Stärke liegt in der Gemeinschaft – und als Gemeinschaftseigentümer kann sich jedes Mitglied mit seiner Stimme einsetzen, ganz unabhängig von der Anzahl seiner Genossenschaftsanteile. …

Für alle ist die Kombination aus individueller Beratung der Genossenschaften mit der gelebten Nachbarschaft die Formel für ein zufriedenes Miteinander…

Die eigentumsähnliche Wohnsicherheit und das soziale Engagement der Wohnungsgenossenschaften führen zu stabilen und intakten Nachbarschaften. Ob Familie mit Kindern oder Alleinerziehende, Paare oder Singles, Studenten oder Senioren – für jede Lebensform gibt es das passende Angebot an Wohnraum und Wohlfühl-Services.“

(aus: Arbeitskreis Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften e.V.)

Und so werden Genossenschaften kritisiert:

„Genossenschaften sind so gut wie ihre Mitglieder. Gebraucht würden Genossen, die sich stärker beteiligen und die zur Ausübung ihrer Rechte vorhandene Instrumente zu nutzen wissen bzw. deren Verbesserung einfordern. …

Daß Genossenschaften häufig wie ganz normale Kapitalgesellschaften agieren (was sie laut gesetzlicher Grundlage ja auch sind), zeigten die Ausführungen von Sigurd Schulze von der Initiative „Genossenschaft von unten“ zur Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Hier profilierten sich auch Genossenschaften als Preistreiber, demokratische Rechte der Mitglieder würden von den Vorständen gezielt ausgehebelt. So sei in den Satzungen festgelegt, dass der Vorstand alle wesentlichen Entscheidungen ohne Konsultation der Generalversammlung treffen kann, so Schulze. Seine Initiative fordert unter anderem, das Recht der Generalversammlung, dem Vorstand Weisungen hinsichtlich der Geschäftspolitik zu erteilen, wiederherzustellen. Eine Klausel, die dieses Privileg festschreibt, wurde 1973 aus dem deutschen Genossenschaftsgesetz gestrichen.“

(aus: Junge Welt, November 2012, anlässlich eine Tagung zum internationalen Jahr der Genossenschaften mit dem Titel: „Genossenschaften – Gegenspieler zur Macht der Märkte und Finanzen“)

Redaktion Initiativie Siedlung Berne

Fragen ohne Antwort

Am 4.9.2012 haben wir dem Vorstand den nachfolgenden Brief gesandt mit der Bitte um schriftliche Beantwortung.


Hamburg, den 2.9.2012
An den Vorstand der Gartenstadt Hamburg

Sehr geehrter Herr Witt, sehr geehrter Vorstand,

zunächst möchten wir uns für das Vorgespräch in kleiner Runde am 21.8.2012 bedanken, wir hatten den Eindruck, dass es ein gutes und sinnvolles Treffen war, und hoffen, dass Sie das als Vorstand auch so wahrgenommen haben.
Wir freuen uns über Ihr Angebot, an zukünftigen Informationsveranstaltungen mitwirken zu dürfen.
Gerne greifen wir das Angebot auf, zeitnah und direkt mit Fragen und Anliegen an Sie heranzutreten. Wir haben folgendes Anliegen:

1. Für die Mitgliederfragestunde am 30.5. sind Fragen schriftlich eingereicht und von Ihnen mündlich, aber auch per Powerpoint schriftlich beantwortet worden. Wir würden diese Fragen und Antworten gern in schriftlicher Form haben.
Wir hätten gern folgende Fragen beantwortet:

2. Gibt es genehmigte Geschäfte nach § 37 der Satzung?

3. Ist im Nutzugsentgelt ein Anteil für Erhaltungsmaßnahmen an den Objekten enthalten, und ggf. wie groß ist dieser?

4. Welche durchschnittlichen Aufwendungen sind seit 1995 pro Einheit und Jahr für konkrete Erhaltungsmaßnahmen an Objekten im Bereich Berner Siedlung erfolgt?

5. Wie hoch waren sie speziell im Objekt Berner Heerweg 476 und Moschlauer Kamp 2 oder 4?

Anlässlich unseres Gespräches ergeben sich uns noch folgende Fragen:

6. Sie haben gesagt, der Denkmalstatus schützt nicht vor Abriss bei unwirtschaftlichem Sanierungsbedarf. Gleichzeitig haben Sie gesagt, dass Denkmalschutz ein Problem ist, weil ein Abriss bei Unwirtschaftlichkeit möglich sein muss. Bitte erklären Sie uns diesen Widerspruch und begründen Sie ihre Ablehnung des Denkmalschutzes genauer.

7. Wann und wo sind die Mitglieder informiert worden, und wann und wie sind die Mitglieder miteinbezogen in die Entscheidung der Genossenschaft, die Unterschutzstellung der gesamten Siedlung massiv zu verhindern? (Protokolle von Infoveranstaltungen, Vertreterversammlungen u.ä.)

8. Herr Klostermann hat gesagt, dass die Siedlung bei weitem nicht so profitabel war und ist, wie allgemein angenommen wird. Sehr viel Kapital sei aus anderen Quartieren in die Instandhaltung der Siedlung geflossen, z.B. für Sielbau und Dachdeckung. Wir bitten um Darlegung dieser Berechnung.
Dazu gehört auch die Frage:
Welche Summe hat die Siedlung seit 1995 an Überschüssen eingebracht?
Wieviel Überschuss hat die Siedlung pro Jahr erwirtschaftet?

9. Im Gespräch bestand Einigkeit darüber, dass ein Abrisshaus wie beim BH 474/476 kein Einzelfall bleiben wird. Die Genossenschaft rechnet mit weiteren abgängigen Häusern (in nicht definiertem Zeitrahmen). Es geht hier also nicht um eine Ausnahme, sondern um eine aktive Entscheidung betreffend die Siedlung. Wann werden Sie das in der Offenheit auch allen Mitgliedern kommunizieren?

10. Und zuletzt: unsere Frage nach der weiteren Planung betreffend Abrisshaus, und die Frage nach dem Umgang mit dem Diskussionsbedarf in der Siedlung, wurde von Ihnen etwas unklar im Raum gelassen. Könnten Sie das bitte präzisieren?

Wir bedanken uns sehr herzlich für die Mühe.
Wegen einer Verabredung zur Einsicht vor Ort (z.B. Versammlungsmitschnitt, Besichtigung BH 474/476) melden wir uns in Kürze.

Mit freundlichen Grüßen,
Anne Dingkuhn, Jens Reichenbach, Andreas Wilde
für die Initiative Siedlung Berne


Wir haben erwartet, dass der Vorstand den Bedarf an Information und Kommunikation erkannt hat.
Die Reaktion auf unsere Fragen ist enttäuschend.
Zwar ist der Vorstand der Bitte um Veröffentlichung der Powerpoint-Präsentation zur Fragestunde 2012 nachgekommen, und hat eine Aufstellung der Instandhaltungskosten in Euro/qm für die Siedlung zugesendet.

In Bezug auf die anderen Fragen hat der Vorstand am 2.10.2012 geschrieben, dass er seine Antwort beschränke auf die allgemein zugänglichen und veröffentlichten Informationen der Genossenschaft – also auf die Zurverfügungstellung der Geschäftsberichte.
Er begründet die Ablehnung der Beantwortung unserer Fragen u.a. mit ihrer „Vergangenheitsbezogenheit“, und mit Paragraph 37 der Satzung, der besagt, dass nicht individuell Auskunft gegeben werden muss. Das heißt, der Vorstand dürfte Auskunft geben, will aber nicht.
Die Antwort zeigt, dass der Vorstand allein darüber entscheiden möchte, welche Fragen wichtig sind, und dokumentiert, dass er nicht bereit ist, schriftlich belegbare Auskünfte zu erteilen, die über den Geschäftsbericht hinausgehen.
So kann kein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden – und schon gar kein verlässlicher, zukunftsbezogener Dialog.

Initiative Siedlung Berne