Rede von Heidi Bonn am 04.11.2015

Ein Gastbeitrag

In der Novemberausgabe des Berner Boten musste ich lesen: „…im nicht denkmalgeschützten Bereich lässt die Genossenschaft zudem Häuser auf ihre Erhaltungsfähigkeit untersuchen. Das Bezirksamt hat hier, direkt an der Walddörfer Bahn, in der Vergangenheit ein Verdichtungspotential gesehen…“.

Wie ist das zu verstehen?

Sollen unsere Häuser abgerissen werden und durch Mehrfamilienhäuser ersetzt werden, obwohl uns lebenslanges Wohnrecht zugesichert wurde?
Die Häuser sind nun untersucht worden und von dem Architektenbüro als erhaltenswert angesehen worden. Natürlich haben die Architekten Schäden festgestellt. Viele Kellerdecken haben nicht die Stärke, die den heutigen Richtlinien entspricht, aber zu dem damaligen Zeitpunkt als normal galten.
Dann wird zu der Sanierung, die anstehen soll, die Dachabdeckung bemängelt und kommt zu den Sanierungskosten dazu. Man muss dazu sagen, dass eine Dachdeckung auch im denkmalgeschützten Bereich nötig ist. Eine zweite Bemängelung ist der Anstrich der Putzhäuser. Der Farbanstrich, der damals als besonders gut galt, ist nach den heutigen Erkenntnissen völlig ungeeignet. Dieser Anstrich muss auch bei den denkmalgeschützten Häusern erneuert werden.

War die Untersuchung der Häuser auf der Dreiecksfläche nur eine Alibifunktion, um zu sagen, dass die Sanierung zu teuer wird und daher die Häuser nicht erhaltenswert sind?

Den Architekten war die Aufgabe gestellt worden herauszufinden, was gemacht werden muss, damit die Häuser noch 50 Jahre stehen können. Für den langen Zeitraum wurde dies berechnet. Später sollen neue Fenster, Türen und Heizung erneuert werden. Alles ist mit eingerechnet worden, obwohl die Nutzer der Häuser vieles selber bezahlen. Wie Herr Witt sagte: Wir haben nur die Hülle gemietet.

Ich bitte die Vertreter und Mitglieder: unterstützt uns, dass die Häuser erhalten bleiben.

Seid alle so solidarisch wie 1973, als es schon einmal hieß: „Verdichtung in Bahnhofsnähe. Die Häuser haben noch eine Haltbarkeit von 8-15 Jahren. So wollten uns der damalige Vorstand und Aufsichtsrat das vermitteln.

Da stellt sich doch die Frage, warum die Gartenstadt jahrzehntelang nichts unternommen hat und mit der Sanierung nicht längst begonnen hat. Dann wären die Schäden nicht so gewaltig und die Kosten wären über mehrere Jahre verteilt worden.

Die Häuser stehen heute noch – auch nach 42 Jahren – dank aller Mitglieder, die damals solidarisch gegen den Abriss gekämpft haben.

Heidi Bonn

Gastkommentar zur Infoveranstaltung der Gartenstadt Hamburg eG am 4.11.2015

Thema: „Untersuchungsbericht der Häuser auf der Dreiecksfläche“

Von W. Iderstand

Ja, was war das denn? Da hören wir – interessierte und eingeladene Mitglieder der Genossenschaft – einen äußerst gut ausgearbeiteten und auch gut vorgetragenen Vortrag über den Bestand und Zustand der Gebäude auf der sogenannten Dreiecksfläche der Gartenstadt. An dieser Stelle sei noch einmal gesagt, dass die kritischen Nachfragen, welche sich aus dem Vortrag ergeben haben, nicht gegen den Architekten gerichtet waren, sondern gegen „die Sache“ an sich. Die Architekten, so sind auch meine Gespräche im Nachgang zu dieser Veranstaltung, haben einen guten Job gemacht – endlich einmal Fachleute!!! Relativ schnell war klar, dass die Gebäude alt sind und die Erhaltung nicht ganz einfach wird, dass Sanierung Geld kostet, das die Gebäude es aber auch wert sind erhalten zu werden – alles machbar wenn man (Vorstand und AR) will! Diesen Eindruck hatte ich allerding nur bei dem Architekten – offensichtlich hatte der Vorstand vergessen die beauftragten Architekten darüber zu informieren, das schon seit 2009 Pläne für die Abwicklung der Dreiecksfläche existieren und das dies nur eine von vielen Alibi- Veranstaltungen werden soll. Wie peinlich! An dieser Stelle möchte ich meine Scham über ein solches Verhalten zum Ausdruck bringen und mich bei den zuständigen Architekten entschuldigen – nicht dafür, dass wir kritische Fragen gestellt haben, sondern darüber das mein Vorstand / AR so dilettantisch agiert!

Die Veranstaltung wurde immer hitziger, weil immer mehr Mitglieder sich zu Wort gemeldet haben und – endlich einmal – offen Kritik am Vorgehen und an den Ausführungen des Vorstandes / AR übten. Peinlich wurde es, als unser AR Vorsitzende von Uwe v. Speckelsen zurechtgewiesen werden musste, weil er ihm – wieder einmal – ins Wort gefallen war. Von einem Veranstaltungsleiter, zumal wenn er erfahrener Jurist ist, erwarte ich deutlich mehr Professionalität. Herr Thiele, daran müssen Sie noch arbeiten! Eine weitere peinliche Szene, auf die mich mein Sitznachbar aufmerksam gemacht hatte war, als Frau Dingkuhn ein Schriftstück verlesen hat, welches den Dialog der Gartenstadt und der Kulturbehörde zum Inhalt hatte. Da hat der AR Vorsitzende mit verschränkten Armen und einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter auf dem Podium gesessen und mein Sitznachbar sagte: Guck mal wie er da sitzt – wie ein bockiger Fünfjähriger der beim Äpfel klauen erwischt wurde. Souverän geht anders! Bis dahin alles menschlich und – fast verständlich. Aber dann hat Herr Thiele Frau Dingkuhn angefeindet und sie zu einer Ordnungswidrigkeit aufgerufen: Herr Thiele verlangte von Frau D., dass sie ihm die „vorenthaltenden“ Schriftstücke zur Verfügung stellen solle! Frau Dingkuhn hat Herrn Thiele, wie vorher auch schon, darauf hingewiesen, dass ihr diese Schriftstücke im Zuge des Transparenzgesetzes unter der Auflage, diese nicht an Dritte weiter zugeben, überlassen wurden. Herr Thiele, sie als Jurist sollten es doch besser wissen!

Im Nachgang habe ich erfahren, dass der Vorstand sich genau diese Unterlagen im Zuge des Transparenzgesetzes besorgt hat – die Unterlagen lagen also vor und die Entrüstung war nur gespielt. Wie peinlich!

Richtig ruhig wurde es im Saal, als der ehemalige Vorstandsvorsitzende Martin Sieg das Wort ergriff. Herr Sieg begann seinen Redebeitrag damit, dass er Frau Dingkuhn zustimmte und sich auf ihre Seite stellte. Herr Sieg rief dazu auf, das man genau überlegen sollte, was verändert wird, da man einmal verändertes nicht einfach wieder rückgängig machen kann – er verdeutlichte dies an den Konsequenzen, die das Verschwinden der Sprossenfenster – das das Bild der Siedlung deutlich verändert hat. Die Angst im Gesicht und in den Worten von Herrn Sieg war deutlich zu spüren!

Was bleibt für mich als Mitglied?

Misstrauen gegenüber dem Vorstand und dem Aufsichtsrat – lügen gehört offensichtlich zum Geschäft und macht nicht halt vor Juristen und Kaufleuten. Eigentlich unfassbar und nicht zu tolerieren! SCHÄMT EUCH!

Die „Insulaner“ müssen noch mehr Unterstützung erfahren, damit dieser FILZ von Lüge und moralischem Verfall durchbrochen wird.

Jeder Siedler muss aufpassen, da die gesamte Siedlung in Gefahr ist dem „Wahn“ von Vorstand und AR zu verfallen. Siedler seid wachsam und leistet Widerstand!

Mit genossenschaftlichem Gruß

W. Iderstand

Abrisskultur in Hamburg: Falsche Anreize und hemmungslose Genossenschaften

Hamburg ist eine Stadt, in der wir gerne wohnen. Dazu tragen die Klinkerbauten und das viele Grün an den Straßen wesentlich bei: eine einzigartige – typisch norddeutsche – Kombination von Natur und Stadt. Als Bürger einer Hansestadt hatten wir bis jetzt den Eindruck, in einer demokratisch organisierten und eben nicht obrigkeits-bestimmten Stadt zu leben. Doch seit dem der Senat begonnen hat, sein ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm durchzusetzen, wird dieses Lebensgefühl und das Stadtbild Stück für Stück zerstört. Das ist für jeden Bürger in allen Stadtteilen zu merken.

Bäume müssen Neubauten weichen, Grünflächen ebenfalls. Stadtteilprägende Gebäude werden abgerissen, größere Verkehrsinseln bebaut, Kleingärten müssen neuen Wohnblocks weichen, ganze Stadtteile bekommen „neue Mitten“ und werden ihrer alten Struktur beraubt. Denkmäler werden zum Abriss freigegeben und Denkmalwürdige Gebäude erst lieber gar nicht unter Schutz gestellt (dann geht das mit dem Abriss für Neubauten später reibungsloser).

Bürgerinitiativen, die sich gegen dieses Vorgehen wehren, werden durch die „demokratischen“ Strukturen in Hamburg, besonders durch die Zuständigkeiten von Senat und Bezirks-„Parlament“ ausgehebelt. Der Senat hat die Möglichkeit der Evokation – und die nutzt er. Nach Möglichkeit werden die Bürger mit ihren Protesten aber schon weit vorher gestoppt. Bürgerbegehren werden für unzulässig erklärt, „aufsässige“ Mieter und Genossenschaftsmitglieder werden unter Druck gesetzt, mit Duldung der politischen Öffentlichkeit. Dafür gibt es viele Beispiele: Elisa, Langenhorn 73, Eden für Jeden, Wir sind Eppendorf, um nur einige zu nennen.

Viele Hamburger Wohnungsgenossenschaften beteiligen sich am Bauprogramm. Die als Selbsthilfeorganisation gegründete Gemeinschaften werden nun zum Ausführungsorgan der Wohnungsbaupläne des Senats und verfolgen die rigorose Politik der Abriss- und Neubaukultur. Das letzte und bisher drastischste Beispiel dafür ist die Vereinigte Hamburger Wohnungsgenossenschaft und ihr Wohnblock am Elisabethgehölz. Hier wurde allen Hamburgern vorgeführt, wie machtlos selbst eine gut vernetzte Initiative gegenüber ihrer eigenen Genossenschaft und der Hamburger Politik ist (nachzulesen in namhaften Hamburger Tageszeitungen und im Internet „Elisa-bleibt.de“). Trotz erwiesener Sanierbarkeit, trotz positiver Stellungnahmen zum Erhalt (zum Beispiel von Gesellschaften, die sich für den Schutz und den Erhalt Hamburger Klinkerbauten engagieren), trotz vorliegender Sanierungsplänen, trotz dem Kaufangebot eines Investors – der den Bau erhalten wollte, trotz Unterstützung vieler Bürger und Initiativen, war es nicht möglich, dieses stadteilprägende, historische und architektonisch wertvolle Gebäude zu erhalten.

Stattdessen soll nun für 20 Mio. Euro neu gebaut werden, statt für 2 Mio. saniert, und im Ergebnis werden es weniger Wohnungen sein als vorher. Gentrifizierung und Segregation sind die Folgen. Die Terrassenhäuser der WHW in Wandsbek werden wohl folgen.

Was aber macht den Neubau gegenüber dem Erhalt von Altbau so attraktiv? Warum wollen Vermieter lieber große und neue Wohnungen anbieten, statt ihren angestammten Mietern eine kleine und fachgerecht sanierte Wohnung zur Nutzung zu überlassen? Staatlich geförderter Neubau ist betriebswirtschaftlich für den Eigentümer wesentlich günstiger, als selbst finanzierte Sanierung mit geringeren Zuschüssen.

Mieter sind ersetzbar, entgangene Rendite nicht.

Elisa zeigt, wie die Hamburger Wohnungspolitik fehlläuft: falsche Anreize schafft, die letztlich Bestand vernichten, Mieter verdrängen und gerade auch renditeorientierte Wohnungsgenossenschaften, ihren Mitgliedern gegenüber zu rücksichtslosen Wohnungsbauunternehmen macht. Die beispielhafte Zusammenarbeit von Genossenschaft und Politik in diesem Fall sollte allen Genossenschaftsmitgliedern Hamburgs zu denken geben.

Auch wir in Berne leben in Doppelhäusern einer Gartenstadtsiedlung, die in den 20ger Jahren in Selbsthilfe errichtet worden sind. Auch wir sind Teil einer Genossenschaft. Auch unsere Genossenschaft behauptet, unsere Häuser seien unwirtschaftlich, auch unsere Genossenschaft hält die Sanierung unserer Siedlungshäuser für langfristig zu kostspielig, auch unsere Genossenschaft ist interessiert an Neubauten mit großen Wohnungen, auch unsere Genossenschaft betrachtet kleine Wohnungen als nicht „effizient“ genug, auch unsere Genossenschaft ist letztlich mehr an der erzielbaren Rendite denn an der Versorgung ihrer Mitglieder mit günstigem Wohnraum, und d.h. auch: an dem Erhalt des Bestandes, interessiert.

Werte wie eine historische und kulturell herausragende Bedeutung, gewachsene Strukturen, der Denkmalwert, in der Siedlung Berne und anderswo, haben keine Lobby im wachsenden Hamburg.

Wir sind in großer Sorge.

Initiative Siedlung Berne

Historischer Schumacher-Bau „Elisa“ wird abgerissen – droht eine Abrisswelle in Hamburg?

Nicht nur die Bürger, sondern auch Stadtplaner kritisieren zunehmend die Hamburger Behörden, die den Abriss historischer und erhaltenswürdiger Gebäude zulassen. Es geht – wie auch wir finden – um die historische Bausubstanz, deren Wert auch die atmosphärische und identitätsstiftende Bedeutung ist.

 

Die VHW-Genossenschaft hat mit dem Abriss des 20er-Jahre-Ensembles am Elisabethgehölz in Hamm begonnen. Mehr Infos: http://elisa-bleibt.de/

Auch wir befürchten, dass diese aktuellen Abrisse und die hohe Zahl der angestrebten Wohnungsneubauten eine zukünftige Abrisswelle in Hamburg andeuten.
Das Denkmalschutzamt erweist sich oftmals als weisungsgebunden und zu schwach, wenn die poltischen Vorgaben und Wirtschaftsinteressen den Abriss und Neubau wollen.

So geschehen auch bei unserer Siedlung, die das Denkmalschutzamt vollständig und begründet unter Denkmalschutz stellen wollte. Aber die Politik und die politisch gut vernetzte Führungsebene der Genossenschaft wussten das zu verhindern, das Denkmalschutzamt musste sich fügen.
Dabei ginge es auch anders.

Der Hamburger Stadtplaner Julian Petrin: „Warum machen sich andere Genossenschaften nicht anhand der Erfahrungen mit diesen Projekten schlau und retten die Bausubstanz, statt abzureißen wie am Elisabethgehölz?

Zitat aus dem Hamburger Abendblatt vom 16.3.15

Zum ganzen Artikel: „Elisa, Terrassenhäuser, Tre Castagne: Reißen wir zu viel ab?“
http://www.abendblatt.de/hamburg/article205208335/Elisa-Terrassenhaeuser-Tre-Castagne-Reissen-wir-zu-viel-ab.html#modal