Nach der Vertreterversammlung am 30.5.2012 – wie geht es weiter?

Die Initiative Siedlung Berne bedankt sich bei allen Mitgliedern und Bewohnern, die ihren Namen und ihre Unterschrift gesetzt haben unter die Forderung:
Noch keine Entscheidung über das Siedlungshaus BH 476, und mehr Transparenz und schriftliche Information!

Es haben insgesamt 327 Menschen unterschrieben, davon 271 Mitglieder der Genossenschaft!
Das bestärkt uns und es bestätigt uns, dass es ein breites Bedürfnis gibt unter den Mitgliedern, besser informiert zu werden und mehr Einfluss nehmen zu können auf die Entscheidungen der Genossenschaft.

Der Verlauf des Abends hat die Notwendigkeit einer solchen Erneuerung selbst sehr deutlich gemacht.
Die Mitgliederfragestunde wurde dieses mal aktiv genutzt, d.h. eine große Zahl von wirklich zentralen Fragen waren vorher schriftlich eingegangen und wurden von Herrn Witt beantwortet.
Befriedigend war das Ergebnis jedoch nicht, das Tempo der Präsentation war einfach zu groß und kein Raum für Nachfragen und dergleichen gegeben.
Hier zeigt sich, dass der Rahmen der „Fragestunde“ mit seinen Regularien nicht ausreicht, um echte Klärung und einen Austausch und herbeizuführen.
Und auch die Vertreterversammlung selbst ist kein Forum, wo inhaltliche Fragen erschöpfend diskutiert werden konnten – unsere Einwände diesbezüglich haben sich an diesem Abend also bestätigt.
Auch muss nachgedacht werden über die Haltung der Leitungsebene gegenüber den Mitgliedern, die sich in dieser Fragestunde zu Wort trauen.
Es sollte ein Klima angestrebt werden, in dem private und professionelle Ebenen nicht vermischt werden, und autoritäre Gebaren keinen Platz haben.

So wird es nur noch deutlicher, dass es dringend einiger Reformen bedarf:
Neben dem Schicksal der Haushälfte Bernerheerweg 476 geht es um ein tiefergehendes Problem: es geht um verfestigte Strukturen, fehlende Transparenz, die Distanz der Gremien zu den Mitgliedern, das (genossenschaftliche) Selbstverständnis.
Und diese Themen bleiben nicht auf die Siedlung Berne beschränkt.

Schön hätten wir es gefunden, wenn von Seiten des Vorstandes, des Aufsichtsrates,  aber auch der Vertreter das Signal wahrgenommen worden wäre: es gibt hier über 300 Mitglieder und Bewohner der Genossenschaft, die sich nicht gut informiert und nicht gut vertreten fühlen.
Souverän wäre, die sich hier äußernde Unzufriedenheit ernst zu nehmen und konstruktiv damit umzugehen.
Ein Einschießen auf Einzelpersonen als „Störenfriede“ löst dieses Problem nicht und wird den anderen, die sich laut Satzung nicht zu Wort melden dürfen, oder es nicht können, nicht gerecht.

Die Abstimmung über den Antrag zum Abriss des Siedlungshauses ging aus mit 36 Vertreterstimmen für den Antrag, 15 dagegen und 7 Enthaltungen (soweit wir wissen).
Der Vorstand hat vorab erklärt, dass der Abriss eines Siedlungshauses keine „wesentliche Veränderung“ der Siedlung darstellt, daher nach Satzung (§ 37) gar keine Vertreterzustimmung eingeholt werden müsste.

Gleichzeitig ist der Vorstand aber bereit, den Abriss als „wesentliche Veränderung“ zu betrachten, damit ist also für den Antrag eine Vertreterabstimmung mit ¾-Mehrheit erforderlich.
Dass diese nicht erreicht wurde, sehen wir als Erfolg im Sinne unseres Anliegens und als verbindliches Ergebnis.

Deshalb finden wir es befremdlich, dass das Aufsichtsratsmitglied Herr Buttler dem Regionalausschuss mitteilt, dass „die Vertreterversammlung den Antrag mit „deutlicher Mehrheit angenommen hat“  (-auch wenn noch auf weitere interne Diskussionsprozesse verwiesen wird). Diese Darstellung entspricht unserer Meinung nach nicht dem Ergebnis des Abends.
Herr Buttler hat eine Doppelfunktion inne als Mitglied der Bezirksfraktion (SPD) und als Mitglied des Aufsichtsrates unserer Genossenschaft.
Der Eindruck einer Vermischung von politischem Mandat und der Funktion als Aufsichtsrat drängt sich hier auf.
Vertrauensfördernd ist das nicht.

Was wir uns nun wünschen, ist ein Ernstnehmen der Einwände und Kritik, und die Suche nach einer konstruktiven Form, damit umzugehen.
Diesen Wunsch, und die Bereitschaft, gemeinsam daran zu arbeiten, haben wir dem Vorstand bereits signalisiert.
Ein genossenschaftsoffener Dialog, eine größere Transparenz und verbesserte Kommunikation wären denkbare Ziele.

Initiative Siedlung Berne

Mehr Demokratie wagen

Kommentar von Jens Reichenbach

Die Vertreterversammlung der Gartenstadt Hamburg am 30. Mai 2012 hat einige Eindrücke bei mir hinterlassen und Gedanken angeregt, die ich gern formulieren würde:

Zunächst möchte ich vorausschicken, dass ich in den letzten Jahrzehnten ein entspanntes Verhältnis zu dem Vorstand unserer Genossenschaft hatte und mit den Zielen und Ergebnissen überwiegend einverstanden war. Mein früher geringes Engagement in den genossenschaftlichen Gremien ist in dieser Zufriedenheit begründet.
Die günstige Nutzungsgebühr (Haushälfte mit Ofenheizung, ohne Küche, ohne Bad) gab mir einerseits die Möglichkeit nach Kassenlage zu investieren (Küche, Bad, Gasheizung, Fenster, Garage) und andererseits schwierige Phasen der Arbeitslosigkeit ohne Existenzbedrohung zu überstehen. Die Statuten der Genossenschaft, vor Allem die Weitergabemöglichkeit in der Familie, stellten eine ausreichende Investitionssicherheit dar.
Trotz der Tatsache, dass die meisten von der Gartenstadt beauftragten Handwerker, die in meinem Haus Arbeiten verrichtet haben, ihr Handwerk nicht verstanden (wenn es gut werden sollte, habe ich es eben selbst gemacht oder selbst vergeben), ist das Ergebnis und der Stil der Kommunikation mit der Gartenstadt früher immer akzeptabel gewesen.

Das ist nun leider alles anders.
Abriss- und Verdichtungspläne der Gartenstadtsiedlung untergraben die Investitionsbereitschaft. Nicht glaubhaft dementierte Gerüchte haben die gleiche Wirkung. Und die Kommunikation? Am 30. Mai erlebte ich eine unglaublich distanzierte Aufsichtsrats- und Vorstands-„Elite“, die ganz offensichtlich jede offene Diskussion mit der Basis der Genossenschaftsmitglieder vermeiden möchte.
Der Vorstand verteidigt offenbar lieber bereits gefällte Beschlüsse, als vorher eine ergebnisoffene Meinungsbildung zu fördern (siehe hierzu den Wortlaut der Begründung, mit der der Vorstand eine Teilnahme an der offenen Informationsveranstaltung am 11. Mai 2012 abgelehnt hat). Genau diese ergebnisoffene Meinungsbildung findet aber nur im offenen Diskurs statt und nicht in einer in enge zeitliche und formale Grenzen gepressten Fragestunde. Als Krönung der Absurdität habe ich es empfunden, als am 30. Mai eine Formaldiskussion geführt wurde, ob in einer Fragestunde auch ein nicht als Frage formulierter Satz zulässig sei.
Es sind Entwicklungen und Tendenzen wie diese, die einen großen Sozialdemokraten zu dem immer aktuellen Satz veranlasst haben: Mehr Demokratie wagen.
Ich wünsche mir, dass unser Vorstand und unser Aufsichtsrat mehr Demokratie wagt. Die Basis beißt nicht, sie will nur nicht überfahren werden.
Am 30. Mai wurde mehrfach durch den Vorstand betont, dass unsere Genossenschaft wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden muss. Das ist selbstverständlich nur teilweise korrekt. In Unternehmenszielen von Wirtschaftsunternehmen findet man üblicherweise keine Sätze wie „…Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung“, auch nicht sinnentsprechend umformuliert.
In einem entscheidenden Punkt halte ich aber den Vergleich unseres Genossenschaftsvorstands mit dem eines beliebigen Wirtschaftsunternehmens für statthaft: in der Frage der Zukunftsplanung. Herr Witt hat auf die Frage nach seinem Zukunftskonzept und wie er die Genossenschaft in fünf Jahren sieht, unumwunden zugegeben, dass er weder ein  Zukunftskonzept hat noch eine Vorstellung von der Genossenschaft in fünf Jahren.
Wie bitte?
Kein Vorstand eines Wirtschaftsunternehmens würde konzeptlos die Zukunft gestalten wollen, geschweige denn dies zugeben.
Ich bin sicher, dass sehr viele Mitglieder und unsere Vertreter sich gern an der Entwicklung eines von der breiten Mehrheit getragenen Zukunftskonzepts beteiligen würden. Das darf aber nicht übers Knie gebrochen werden, dafür brauchen wir Zeit und die Bereitschaft zum Dialog. Und wenn wir uns gemeinsam diese Zeit nehmen wird Herr Witt auf diese wichtige Frage auch befriedigend antworten können.

Jens Reichenbach

Nach der Informationsveranstaltung – wie geht es weiter?

Die Initiative Siedlung Berne bedankt sich für das sehr große Interesse an der Informations- und Diskussionsveranstaltung am 11.5.2012 zum Thema : „Abriß oder Erhalt? Was soll aus der Siedlung Berne werden?“ im Gemeindehaus Kirche Berne.

Der gefüllte Saal mit ca.150 Besuchern, der konzentrierte und angeregte Meinungsaustausch über 2 ½ Stunden, und die durchweg um Sachlichkeit bemühte Atmosphäre haben gezeigt, dass es ein breites und sehr ernsthaftes Interesse gibt, sich an der Frage nach der Zukunft der Siedlung zu beteiligen.
Sehr engagiert wurde vom Publikum die Gelegenheit wahrgenommen, dem Vertreter des Denkmalamtes direkt Fragen und Ängste mitzuteilen und sich im Gespräch ein eigenes Bild zu machen von möglichen Vor- und Nachteilen z.B. des Denkmalschutzes. Genau dies ist die Form von Transparenz und kritischer, aktiver Meinungsbildung, die wir und mit uns viele andere sich wünschen:
Wir bedauern deshalb, dass der Vorstand sich dagegen entschieden hat, an der Veranstaltung teilzunehmen: Es wäre eine Gelegenheit gewesen, nicht nur Fragen und Unklarheiten zu beseitigen, sondern auch, in einen offenen Dialog zu treten:
wo also Betroffene und kompetente Fachleute, gerade unterschiedlicher Interessenlagen, auf Augenhöhe ins Gespräch kommen, und die Mitglieder eine ernsthafte Chance bekommen, das Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten, einzuordnen und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Dies ist der Anspruch, den wir an den Meinungsbildungsprozess haben, und den die Genossenschaft ermöglichen muss.
Die einstündige Fragestunde mit anschließender Vertreterversammlung am 30.5. ist dazu nicht ausreichend.

Es geht uns also keinesfalls darum, die demokratische Gremienarbeit als solche anzuzweifeln, wie uns jetzt wiederholt vorgeworfen wird.
Im Gegenteil: Die Gremien müssen die Mitglieder vertreten, und diese müssen zuvor eine faire Chance auf umfassende und kontroverse Meinungsbildung haben, ohne künstlichen Zeitdruck.

Deshalb müssen

  • Fakten müssen transparent und überprüfbar, d.h. in schriftlicher Form vorab zugänglich sein.
  • Absichten und Strategien der Geschäftsführung müssen klar benannt werden und dadurch diskutierbar werden.
  • Latente indirekte Wertungen und Meinungsbeeinflussungen haben zu unterbleiben.

Was wir möchten, ist Transparenz und Zeit.

Deshalb bitten wir

  1. den Vorstand und den Aufsichtsrat, am 30.5.2012 keine Abstimmung über das Haus Berner Heerweg 476 vorzunehmen.
  2. die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Genossenschaft, uns in diesem Anliegen zu unterstützen.
  3. die Geschäftsführung, die in der Begründung zum Antrag (Punkt 4 d. Tagesordnung der Vertreterversammlung  am 30.5.2012) aufgeführten  „Grundlagen zur Ermittlung der Kosten“ sofort und schriftlich allen Vertretern zugänglich zu machen.
    Wir möchten eine schriftliche Information der Geschäftsführung darüber:

    • Welche unabhängigen Gutachten gibt es?
    • Gibt es ein umfassendes Gutachten zur Sanierungsplanung, das den gesamten Zustand des Hauses beurteilt ?
      Wenn ja, sollten diese Gutachten in vollem Umfang und schriftlich allen Vertretern zur Verfügung gestellt werden, mit ihrem jeweiligen Entstehungsdatum.

     

Was könnt ihr tun?

Sammelt Unterschriften, um diesem Wunsch Nachdruck zu verleihen.

Sprecht mit Nachbarn und Freunden über dieses Thema!

Sprecht eure Vertreterinnen und Vertreter an!
Bittet sie, nicht am 30.5.2012 über den Antrag abzustimmen.
Überzeugt sie davon, dass wir die Abstimmung aufschieben wollen, um mehr Demokratie zu erreichen, nicht weniger.
Transparenz und breite Beteiligung und ist die Voraussetzung für demokratische Prozesse. Das sollte auch im Interesse aller Gremien sein.

Kommt alle zur Fragestunde und Vertreterversammlung am 30.5.2012 und beteiligt euch!

 

Initiative Siedlung Berne

 

Download:   Druckvorlage Unterschriftenliste (PDF)
Bitte bis zum 25.5.2012 zurück an
S. Dammann, Blakshörn 22 od. K. Flubacher, Berner Heerweg 441